Riesige Vulkane, dramatische Steilküsten und eine Artenvielfalt, wie es sie nur selten gibt – weit entfernt von eigentlich fast allem ist Kamtschatka das Ziel für Aussteiger, Naturliebhaber und im Winter für Heliskifahrer.
Wer beim Gesellschaftsspiel «Risiko » mit seinen Spielsteinen auf dem Feld Kamtschatka steht, der weiss, dass das Spielbrett genau an dieser Stelle zu Ende ist. Und auch unsere Weltkarte kennt nur wenige Regionen, die noch weiter östlich liegen als Kamtschatka. Gerade einmal 380 000 Menschen leben auf einer Fläche, die fast neun Mal so gross ist wie die Schweiz. Doch wo die Zivilisation endet, beginnt meist eine beeindruckende Natur – so auch auf der sibirischen Halbinsel.
Die 1200 Kilometer lange Landzunge ist Teil des pazifischen Feuerrings und deshalb gesäumt von Vulkanen und Geysiren. Viele davon sind begehbar, so mancher Vulkankrater bietet einen faszinierenden Einblick in die geologischen Besonderheiten dieser Region. Rauchschwaden und Schwefelgeruch erinnern fortwährend an die seismischen Aktivitäten im Nordpazifik. Ein Besuch des Kronotsky Nationalparks, auch bekannt als Tal der Geysire, lohnt sich allein schon aufgrund des atemberaubenden Helikopter-Flugs über hochaktive Vulkane wie Karymsky oder den Maly Semyachik mit seinem türkis leuchtenden Kratersee. Die Wanderungen zu den verschiedenen Wasserfontänen und Thermalfeldern sind eine Mischung aus Entdeckungsspaziergängen durch die sibirische Wildnis und einer Erdkunde-Nachhilfestunde über den vulkanischen Ursprung Kamtschatkas.
Kaum Touristen auf Kamtschatka
Eine Begegnung der besonderen Art mit diesen Vulkanen erleben Skifahrer und Snowboarder, wenn sie in Kamtschatka die wohl aussergewöhnlichste Skiwoche ihres Lebens verbringen. Beim Heliskiing am Ende der Welt setzt der Helikopter die Gruppe auf den Gipfeln der teilweise noch aktiven Vulkane ab, bevor es mit Blick auf den Pazifik bergab geht über Packeis, Firn und perfekten Powder. Auch Skitouren ohne Unterstützung eines Helis werden auf Kamtschatka angeboten, wodurch das Natur- und Freeride-Erlebnis in dieser eindrucksvollen Erdregion noch intensiver wird.
Allgemein ist die Infrastruktur für Touristen – sagen wir mal – schlicht. Aber sie birgt dafür umso mehr Potential für Abenteurer und Entdecker. Es gibt ein paar einfache Mittelklassehotels. Ansonsten übernachtet man in Gästehäusern oder gleich im Zelt. Es gibt feste Zelt-Camps und auch Wildcamping bietet sich an. Doch aufgepasst: auf Kamtschatka gibt es eine der grössten Braunbär Populationen weltweit. Fast überall kann man Bären antreffen und aus sicherer Entfernung sind sie für den Menschen auch nicht gefährlich. Sie streifen meist an See- oder Flussufern entlang, wo sie auf Fischfang gehen. Je weiter man sich von besiedelten Gebieten entfernt, desto höher ist die Chance, auf Braunbären zu stossen.
Wer nicht auf den Hotelkomfort verzichten möchte, bereist Kamtschatka am besten mit einer geführten Gruppenrundreise. Diese beginnen in Kamtschatkas Hauptstadt Petropawlowsk. Die Stadt mit dem noch gut erhaltenen Sowjet-Charme war einst der wichtigste Pazifikhafen der UdSSR nach Wladiwostok. Heute ist die Fischerei die wichtigste Einnahmequelle. Rund die Hälfte aller Einwohner Kamtschatkas leben in Petropawlowsk. Vom Hafen legen Schiffe für mehrstündige Küstenrundfahrten ab. Das imposante Panorama aus riesigen Vulkanen im Hintergrund, den schroffen Felsklippen, an denen die schäumenden Wellen schlagen, und den unzähligen Vogelfelsen sucht weltweit seinesgleichen. Doch nicht nur über Wasser gibt es einiges zu entdecken, denn unter der Meeresoberfläche wartet ein wahres Meeresfrüchte-Paradies. Kamtschatka ist bekannt für einen der grössten Seafood-Schätze: Die rote Königskrabbe, die den lateinischen Name Paralithodes camtschaticus (Kamtschatka Königskrabbe) trägt.
Von Vulkangipfeln zu heissen Quellen
Nach der Tiefe des Meeres geht es hoch hinaus. Der Avachinsky Vulkan gehört zu den aktivsten der Region. Etwa zweieinhalb Stunden und 600 Höhenmeter später steht man auf dem Kamelberg. Die Belohnung für den Aufstieg über Geröll und losen Fels ist ein atemberaubender Ausblick auf den Avachinsky, die umliegenden Gipfel und die schwarzen Sandstrände am Ufer. Zur Abwechslung und zum Kräfteschonen wartet tags darauf ein entspannter Ausflug zum Bystraya Fluss, wo schon zum Mittagessen fangfrischer Fisch serviert wird, bevor die Gäste vom Schlauchboot aus die Möglichkeit haben, selbst die Angel auszuwerfen.
Auf Kamtschatka gibt es viel zu erforschen. Jeden Tag entdecken Besucher neue Orte, erfahren Wissenswertes über die Natur und das Leben der Tiere auf der Halbinsel. So auch während einer Tour zum Vachkazhets. Das Besondere an diesem Vulkan ist die grüne Umgebung, die sich hervorragend für ein Mittagessen in freier Wildbahn eignet. Nach einer anschliessenden Wanderung entspannt man
bei einem Bad in den Quellen von Ozerki. Ein weiterer Ausflug zum Kurilensee bietet die einmalige Chance eine Vielzahl von Braunbären beim Rotlachsfang zu beobachten, eine ihrer Leibspeisen. Auch der Besuch des ethnografischen Museums von Petropawlowsk hat es in sich. Es bietet einen spannenden Einblick in das Leben der Urbevölkerung Kamtschatkas.
Eine Reise an dieses Ende der Welt gleicht mehr einer Expedition als herkömmlichen Ferien. Die tollen Landschaften und die vielen besonderen Erlebnisse in der Natur machen die einfache Infrastruktur schnell wett. Wer sich einmal nach Kamtschatka gewagt hat, spricht oft noch lange von der «spannendsten Reise seines Lebens».
- Vulkaneruption auf Kamtschatka
- Der Karymysky Vulkan in Kamtschatka